🌸 Schicksalhafte Begegnung 🌸

Es war ein relativ ruhiger Tag im Himmel. Einige Engel waren auf den Straßen unterwegs, hatten Erledigungen zu machen, jüngere Engel gingen gerade zur Schule, andere waren auf dem Weg zur Arbeit. Unter all diesen Engeln war auch ich. Hina Mochizuki, ein 21 Jahre alter Engel, geboren in Stellaria, Hauptstadt des Himmels. Und so wie die meisten war auch ich wegen ein paar Erledigungen unterwegs und machte mich nun allmählich auf den Heimweg. Meine violetten Haare waren - wie so häufig - in zwei niedrigen Buns zusammengebunden und ich trug ein weißes, schulterfreies Kleid, welches mit goldenen Verzierungen bestickt war und meine Figur etwas betonte. Der Rücken des Kleides war offen, sodass meine Flügel problemlos hindurchpassten. Zudem waren an meinem Rücken sowie meinen Armen goldene Male zu sehen, welche im Schein der Sonne schimmerten. Nicht viele besaßen diese Art von Malen und wenn, dann waren es normalerweise nur sehr wenige. Zumal die meisten sie verdeckten. 

Langsam schlenderte ich durch die belebten Straßen der Stadt nach Hause, wo ich vermutlich schon sehnlichst erwartet wurde. Etwas in Gedanken versunken ging ich weiter, ehe mein Blick bei einem Fremden hingen blieb, welcher etwas genervt mit Unterlagen im Arm durch die Stadt ging. Doch kaum hatte ich ihn entdeckt, konnte ich beobachten, wie ein Kind den Mann anrempelte, welcher daraufhin all die Dokumente auf dem Boden verlor, die er bei sich trug. Das Kind bemühte sich nicht einmal sich zu entschuldigen und rannte einfach weiter. Und auch sonst schien niemand dem Mann helfen zu wollen. Denn es handelte sich um einen Dämon, wie sich schnell an seinem Äußeren erkennen ließ. Seine Haut war ein warmes Grau, welche an den Unterarmen dunkler zu werden schien und zu den Fingern hin fast schwarz war. Seitlich aus seinem Kopf wuchsen zwei braune Hörner – auf jeder Seite eines - und er hatte einen Schweif, welcher über den Asphalt schleifte. Seine langen, roten Haare, die einige dunklere Strähnen hatten, waren zu einem Zopf gebunden und er trug einen weißen Anzug und dazu weiße Schuhe. Doch obwohl er sich zu bemühen schien, sich farblich an die Kleiderordnung zu halten, fiel er auf wie ein bunter Hund. Als er seufzend begann die Dokumente wieder vom Boden einzusammeln, musste ich etwas kichern und beobachtete ihn noch einen Moment amüsiert, ehe ich auf ihn zukam.

 

“Warten Sie kurz”, sprach ich lächelnd zu ihm, als ich bei ihm ankam und ohne ein weiteres Wort zu sagen, hockte ich mich hin und begann ihm dabei zu helfen, alles einzusammeln, bevor der Wind noch etwas wegwehen würde. Denn so wie er gekleidet war und bei der Menge an Unterlagen, waren sie sicher wichtig. Und vermutlich würde ihm kein anderer helfen. Engel mieden Dämonen und waren auch sonst ohnehin meist sehr arrogante und egoistische Wesen, die sich nicht um Dämonen oder gar “niedere” Wesen wie beispielsweise Menschen scherten. Auch wenn das nicht für alle Engel galt. Leider jedoch für viele. Aus dem Augenwinkel konnte ich seinen verwirrten Blick sehen und wie ihn mein Verhalten irritierte. Belustigt grinste ich in mich hinein, während ich weiter beim Aufsammeln half, ehe ich ihm die Dokumente reichte. “Hier bitte.” Ich schenkte ihm ein weiteres Lächeln, was ihn offenbar nur noch mehr verwirrte. Denn er sah mich an und schüttelte ungläubig den Kopf, bevor er die Sachen entgegennahm. Auch ich schaute kurz verwirrt, dann kicherte ich etwas. Süß, dachte ich kurz, bevor ich aufstand. 

“Danke”, kam es von ihm, diesmal mit einem Lächeln, während er ebenfalls aufstand. Mit einem “Bitte” antwortete ich ihm lächelnd und richtete kurz mein Kleid, da sprach er schon weiter. “Hast du keine Angst vor mir?”, kam es sehr direkt von ihm und ich konnte ihm diese Frage nicht verübeln. “Sollte ich das denn?”, stellte ich als Gegenfrage und fuhr fort: “Ich wüsste nicht, wovor ich mich fürchten müsste.” Lieb lächelte ich und meine goldenen Augen trafen auf seine Giftgrünen. Es stimmte, er war ein Dämon und das allein war für viele Grund genug, ihn zu meiden. Doch auf mich machte er nicht den Eindruck, als müsse ich mich vor ihm fürchten. Egal ob Dämon oder eine andere Spezies. “Naja, ich bin ein Dämon und normalerweise meiden Engel vor allem Dämonen”, entgegnete er. “Mich interessiert, warum du es nicht tust.” Offenbar hatte er den gleichen Gedanken wie ich und war entsprechend überrascht und neugierig. Ich beobachtete, wie er mich musterte, und ganz offensichtlich hatte ich wohl sein Interesse geweckt. Amüsiert grinste ich, ehe ich begann, ihm zu antworten.“Und das ist Grund genug, um Angst zu haben? Ich glaube eben nicht, dass ich nur aufgrund von jemandes Spezies Angst haben muss. Oder irre ich mich da?” Ich hatte kein bisschen Angst, ich war tiefenentspannt und das sah man mir vermutlich auch an. Während ich antwortete, begann er ebenfalls zu grinsen und sah mich an. “Hast du keine Angst, dass ich dich fressen könnte?” Kurz verkniff ich mir ein Lachen. “Mich fressen also, huh? Nein, habe ich nicht”, beantwortete ich seine Frage grinsend und verschränkte die Arme. 

 

Da er mich noch immer musterte, grinste ich noch etwas mehr und sprach es an. “Eine Frau aber so zu mustern, wo man sie doch gerade mal ein paar Augenblicke kennt, halte ich allerdings für weniger angebracht”, kam es amüsiert von mir und es war offensichtlich, dass ich es nicht ernst meinte. Nun musterte auch ich ihn kurz, ehe ich ihm wieder in die Augen sah. “Ich bin-...”, begann ich und wollte mich gerade bei ihm vorstellen, da wurde ich unterbrochen. “Hinaaaa!!” Von weiter weg hörte man ein Mädchen rufen, dass auf uns zugelaufen kam, oder eher auf mich. Sie hatte rosane Haare und grüne Augen und sie schien gerade einmal vier oder fünf Jahre zu sein. Etwas überrascht sah ich zu dem Kind hinunter, bei welchem es sich um meine kleine Schwester handelte. “Haru… Was machst du hier?” “Wo bleibst du so lange?”, schmollte das Mädchen , ehe sie zu dem Dämon sah und dessen Anwesenheit realisierte. Augenblicklich versteckte sie sich hinter mir und hielt sich etwas an meinem Kleid fest. “...Wer ist das?”, wollte sie wissen. “Ich war doch schon fast zu Hause…”, seufzte ich amüsiert, ehe mein Blick zu dem Fremden wanderte und ich leicht lächelte. “Tja, ehrlich gesagt… weiß ich das nicht.” Neugierig sah ich den Mann vor mir an und wartete auf eine Antwort und Vorstellung seinerseits, nachdem meine Schwester mich unabsichtlich schon vorgestellt hatte. 

Sein Blick wanderte kurz zu ihr, ehe dieser erneut auf mich gerichtet war. “Nenn mich… Val”, gab er als Antwort und fügte noch hinzu: “Ich will euch nicht lange aufhalten.” Ich nickte und während er gerade losgehen wollte, zupfte Haruka an meinem Kleid, welche den Dämon noch ein wenig unsicher ansah. Offenbar wollte sie auch losgehen. “Vielleicht… sieht man sich ja nochmal wieder… Val”, sagte ich dann noch und schenkte dem Dämon ein Lächeln, ehe ich meine Schwester an die Hand nahm. “Wer weiß, vielleicht tun wir das, Hina”, antwortete er mir. “Musst du nach Hause…?”, fragte Haruka ihn nun, blieb aber weiterhin dicht bei mir. Daraufhin sah er zu ihr hinunter und deutete dann auf die Unterlagen in seinem Arm. “Ich muss noch arbeiten.” Wie ich vermutet hatte, hatte er hier also noch was zu erledigen und es waren wichtige Dokumente. Mit dieser Antwort war sie offenbar zufrieden, denn sie fragte nicht weiter nach und sah bloß kurz den Stapel Papier an. 

 

Schließlich verabschiedeten wir uns und unsere Wege trennten sich. Zumindest vorerst. Was für ein interessanter Mann, dachte ich mir und schmunzelte etwas. Kurz drehte ich mich nochmal um, wo ich ihn in der Ferne sah, bis er in der Menge verschwand. “Nuuya*¹? Hina Onee-chan!”, kam es von meiner Schwester, da ich langsamer geworden war, weshalb sie an meiner Hand zog. Ihr Blick folgte dann meinem und auch wenn der Mann nicht mehr zu sehen war, wusste sie wohl, wohin ich geschaut hatte. “Trefft ihr euch wieder?”, fragte sie, ohne irgendeinen Hintergedanken zu haben. Sie war schließlich nur ein Kind. Etwas amüsiert lachte ich und sah dann zu ihr. Dann lächelte ich, während wir gemeinsam weitergingen. “Das weiß ich nicht. Vielleicht…”, antwortete ich ihr und fragte mich, ob wir uns wirklich noch einmal wiedersehen würden. Irgendwie… hoffte ich es insgeheim, obwohl wir uns kaum kannten. Aber es wäre gelogen zu sagen, er hätte nicht mein Interesse geweckt. Wer weiß, vielleicht würden wir uns irgendwann nochmal über den Weg laufen. 

Und mit diesem Gedanken kehrte ich mit Haruka nach Hause zurück, in der Hoffnung, diesem mysteriösen, gutaussehenden Mann erneut zu begegnen.


OC Info:
Hina Mochizuki & Haruka Mochizuki von Haruka Yurina
Valkyro von RhiaMonium Art


*¹ Nuuya:  Celestisches Wort für große/ältere Schwester.